Reto Branschi im Interview

Tourismus im Aufwind

«Wir schreiben endlich wieder schwarze Zahlen.»

Reto Branschi, Direktor/CEO

Steigende Logiernächte, neue Tourismusfinanzierung in Klosters sowie die neue Premium-Gästekarte: Reto Branschi, Direktor/CEO im Interview.

Reto Branschi, ein Blick auf die Bilanz zeigt endlich wieder schwarze Zahlen. Wieso ist dies gerade in diesem Geschäftsjahr gelungen?
Wir haben konsequent Sparmassnahmen durchgezogen. Ebenfalls mitgespielt haben nicht beeinflussbare Faktoren wie eine gute Wirtschaftslage und schönes Wetter. Deshalb konnten wir endlich wieder schwarze Zahlen schreiben.

Was bedeutet das für dich?
Gesunde Finanzen sind die Basis für Innovationen, neue Events oder neue Marketing-Ideen. Stimmen die Finanzen nicht, wird es schwierig, neue Impulse zu setzen.

Wo sonst bekommt man für zehn Franken
eine Tageskarte, mit der man
auf den Berg fahren kann?

Schreibt die DDO auch künftig schwarze Zahlen oder handelt es sich eher um eine Eintagsfliege?
Die aktuellen Entwicklungen wie die USA und China miteinander umgehen, der bevorstehende Brexit, die endlosen politischen Diskussionen in Italien, führen wahrscheinlich dazu, dass der Euro noch schwächer, die Wirtschaftslage für Europäer schwieriger und die Schweiz teuer wird. Das bedeutet für uns als Tourismusorganisation, dass wir keine grossen Risiken eingehen können. Das entspricht überhaupt nicht meinem Naturell, denn ich würde viel lieber Vollgas geben. 

Die Logiernächte zeigen wiederholt einen Aufwärtstrend. Bleibt dies so?
Betrachtet man die aktuelle Wirtschaftslage, dann können wir nicht davon ausgehen, dass die Entwicklung automatisch so weitergeht. In der Vergangenheit haben auch andere Destinationen sehr gut gearbeitet. Wir schreiben seit 2010/11 sehr gute Zahlen. Nimmt man zum Beispiel den Juli dieses Jahres haben wir das drittbeste Ergebnis seit 1992 erreicht. Aber das wird vermutlich nicht so bleiben.

Nächsten Sommer fällt das Angebot 'Davos Klosters Inclusive' weg. Wird dies Auswirkungen auf die Logiernächte-Entwicklung haben?
Schwer zu sagen. Wir haben 2006 das 'Inclusive'-Angebot eingeführt, um den Sommertourismus anzukurbeln. Das ist uns sehr gut gelungen. Gleichzeitig sind aber auch die Bergbahn-Frequenzen um 370 Prozent angestiegen. Was Kapazität-Engpässe und Gästereklamationen zur Folge hatte. Betrachtet man die Situation aus der Sicht der Bergbahnen, so erhielten sie in den letzten Jahren immer den gleichen Tarif, ohne jegliche Anpassung. Das war einfach nicht fair.

Was war die Lösung?
Auf nächsten Sommer führen wir eine  neue 'Premium Card' mit einer stark verbilligten Tageskarte ein. Klar, bekommen wir dafür keinen Applaus – wie überall, wenn plötzlich etwas mehr kostet. Aber wo sonst bekommt man für zehn Franken eine Tageskarte, mit der man auf den Berg fahren kann? Ausser in den 'Inclusive'-Destinationen. Aber die überlegen derzeit alle, wie sie aus dieser Situation wieder herauskommen.

Wir haben eine
solide Basis  für den
Klosterser Tourismus gelegt.

Neben der 'Premium Card' war die neue Tourismusfinanzierung in Klosters ein grosses Thema. In einer schier aussichtslosen Situation hast du das Heft in die Hand genommen und Ruhe hineingebracht. Wie ist das gelungen?
Ein Strukturwechsel bei einer Finanzierungsart führt immer zu Erklärungsbedarf. Mir und der Tourismuskommission war es wichtig, dass wir das bisherige System auf die heutigen Gegebenheiten adaptieren. Dementsprechend lässt sich das auch einfacher kommunizieren.

In einem zweiten Schritt galt es, das Stimmvolk hinter sich zu bringen.
Genau. Deshalb haben wir früh begonnen, über die 'Klosterser Zeitung' zu informieren und haben viele Gespräche vor Ort geführt. Das Stimmvolk hat gespürt, dass es hier keine Schwierigkeiten gab. Das wurde goutiert – und die Vorlage wurde mit einem grossen Mehr angenommen. Somit haben wir eine solide Basis für den Klosterser Tourismus gelegt.

Die touristische Zusammenarbeit besteht seit rund zehn Jahren. Hast du den Schritt zur Destination Davos Klosters je bereut?
Nein. Natürlich handelt es sich um einen Strukturwandel in der Organisation, der Zeit braucht. Es ist auch Zeit für die Akzeptanz in der Bevölkerung nötig. Im Tourismusbereich von Klosters ist es sehr rasch akzeptiert worden. An der Basis noch nicht, dort braucht es noch etwas mehr Zeit. Aber ich glaube, dass wir auf einem guten Weg sind.